Geschichten

Anne, Hanne und Susanne

Es waren einmal drei kleine Mädchen: Anne, Hanne und Susanne.
Die wünschten sich ein lebendiges Tier, das wollten sie ganz für sich allein haben. Sie wollten es füttern und pflegen, mit ihm spielen und für das Tierlein alles Gute tun.
Als sie eines Abends von der Wiese im Park nach Hause kamen, siehe, da saß ein schneeweißes Tier, rund und weich wie ein Wollknäuel, mitten in der Stube.
"Ein Häschen!" jubelte Susanne. Aber Anne schüttelte den Kopf: "das ist doch ein Kaninchen." Anne hatte recht. Es war ein junges Angorakaninchen. "Gehört es uns?" fragten alle drei. Der Vater nickte, und die Kinder sprangen vor Freude in der Stube umher. "Ich werde ihm zu fressen geben!" sagte Anne - "Ich will sein weiches Fell bürsten !" sagte Hanne, und dazwischen piepste Susanne: "Ich auch, ich auch!" Anne ging schon zur Schule und konnte rechnen. Sie sagte: "Jede von uns soll immer einen Tag lang ganz allein  das Kaninchen füttern und pflegen dürfen. Wir sind drei. Also kommt jeder nach zwei Tagen wieder an die Reihe." Damit waren alle einverstanden.
Der Vater hatte hinter dem Haus einen kleinen Stall aufgestellt. Sie setzten das Kaninchen hinein und gingen schlafen. Als die Sonne sie am Morgen weckte, riefen Anne, Hanne und Susanne: "Unser Kaninchen!" Und hui - - wie der Wind waren sie draußen. Aber Anne, die Älteste, war natürlich zuerst an der Reihe. "Heute ist es mein Fränzchen", sagte sie und gab damit dem Tierlein seinen Namen. Dann rannte sie auf die Wiese, suchte frische, zarte Löwenzahnblättchen und fütterte das Kaninchen. Hanne und Susanne liefen mit und guckten zu.
Am zweiten und dritten Tag machten sie es genauso. Die Mädchen spielten mit dem Kaninchen. Das wurde zahmer, ließ sich von ihnen streicheln und begann sogar, auf seinen Namen zu hören. Anne, Hanne und Susanne waren sehr stolz auf ihr Fränzchen. Bald aber vergaß Anne zum ersten Male, Fränzchen zu füttern. Am Abend, als es ihr einfiel, tröstete sie sich: Hanne wird ihm morgen zu fressen geben. Leider dachte auch Hanne am nächsten Tag nicht an das Kaninchen. Anne wird es wohl reichlich versorgt haben, glaubte sie. Am nächsten Tag lief die kleine Susanne schon am frühen Morgen ins Planschbecken, denn die Sonne schien gar so warm. So kam es, dass Fränzchen Ende der Woche matt und schwach  im Ställchen saß.
Da jammerten alle drei: "Fränzchen stirbt!" - "Fränzchen ist krank!" - "Was fehlt dem armen Fränzchen nur?" Anne schaute die jüngste Schwester streng an und fragte: "Was hast du ihm zu fressen gegeben?" Susanne wurde rot. "Ich - ich - nichts. Ich dachte Hanne ....." Hanne wurde noch verlegener und stammelte: "Ich dachte Anne..." Anne erschrak und sagte kein Wort. Auch sie hatte sich ja auf die Schwestern verlassen und Fränzchen nicht gefüttert. So schnell sie konnte, lief sie auf die Wiese, Gras und Blättchen für das Kaninchen holen. Hanne und Susanne rannten mit.
Sie haben ihr Fränzchen nie wieder vergessen, und es ist ein großes, prächtiges Kaninchen geworden.
 (Anne Geelbaar)

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