Geschichten

Drei kleine Bären

top

Drei kleine Bären saßen im Gehege eines Tierparks und schauten sich die Besucher an. "Der sieht ja niedlich aus", sagte der erste kleine Bär und zeigte auf einen jungen Mann mit einem mächtigen Bart. Dann kamen zwei junge Mädchen, die dauernd kicherten. "Schrecklich", sagte der zweite Bär, "nicht einmal brummen können sie." "Oh", rief da der dritte Bär und zeigte auf ein kleines Kind, das auf der Wiese zu einer Blume kroch. "Endlich mal ein Menschlein, das auf allen vieren laufen kann." In diesem Augenblick knarrte die Tür, und Paule, der Tierwärterjunge, kam in das Gehege. Er wollte Maikäfer für die Hühner sammeln und schüttelte den jungen Kastanienbaum, der mitten im Gehege stand. Doch das Bäumchen rührte sich nicht. "Da sind wir dabei", brummte der erste kleine Bär und tapste zu dem Baum.
Er schüttelte ihn und bog den Stamm zu sich herab. Auch der zweite kleine Bär wackelte herbei, fasste den ersten um den Bauch und zog nach Leibeskräften mit. Und auch der dritte kleine Bär rackerte sich ab. Immer tiefer senkte sich der Wipfel. Die Maikäfer plumpsten auf die Erde. Plötzlich rissen die drei kleinen Bären das Bäumchen aus den Boden heraus. "Ist was?" fragte der erste Bär. "Nichts. Nur der Baum ist draußen", sagte Paule erschrocken. Er sammelte die Käfer auf. Dann holte er einen Spaten und grub das Bäumchen schnell wieder ein.
"Wir sind eben zu stark", brummten die drei kleinen Bären und schlugen sich mit ihren Tatzen auf die Schenkel. Dann stieg Paule auf eine Eiche, um einen starken Ast abzusägen, der zu tief gewachsen war. "Da sind wir dabei", rief wieder der erste kleine Bär, kletterte auf die Eiche und setzte sich auf den Ast. Doch der Ast bewegte sich nicht. Und schon war der zweite kleine Bär unterwegs, kletterte auf den Ast und setze sich daneben. Da wackelte der Ast. Auch der dritte Bär kam, kletterte hinauf und setzte sich. Es knackte gefährlich, doch der Ast brach nicht ab. "Soll ich helfen?" fragte eine Mücke. "Dass wir nicht lachen", riefen die drei kleinen Bären und wippten auf dem Ast. Aber die winzige Mücke schwirrte herbei und setzte sich weit außen auf den Ast. Da krachte es, und die drei kleinen Bären purzelten ins Gras. "Schlappe Kerle seid ihr", rief die Mücke. "Ich habe es ganz allein geschafft."
"Nicht zu glauben", brummten die drei kleinen Bären und kratzten sich hinter den Ohren. Nicht lange danach piepste es in ihrer Nähe. Ein kleiner Spatz war aus dem Nest gefallen und flatterte hilflos am Boden. Die Eltern schossen aufgeregt um das Junge herum. "Helft uns", schrie die Spatzenmama. "Da sind wir dabei", rief der erste kleine Bär, ging leise zu dem Vögelchen, damit es nicht erschrak, leiser, als ein Spinnfaden fällt, und hob es vorsichtig mit den Spitzen seiner Tatzen auf. Aber er reichte nicht bis zum Nest hinauf. Da tippelte der zweite kleine Bär herbei, und der erste kleine Bär stieg auf dessen Rücken. Doch auch jetzt kam er mit seiner Tatze noch nicht bis zum Nest. Da wackelte der dritte kleine Bär herbei und stieg dem zweiten auf den Rücken. Jetzt endlich erreichte der erste kleine Bär den Ast und legte den jungen Spatzen in das Nest. "Wie schön, dass wir so viele sind", sagten die drei kleinen Bären zufrieden und legten sich ins Gras, um ein Schläfchen zu tun.
Die Spatzen waren außer sich vor Freude und lärmten, dass es durch die neunundneunzig Bäume des Tierparks zu hören war.
(Alfred Könner)

            Seitenanfang             Home             zurück             e-Mail